Informationen für die Lehrkraft

Joanna Wojdon Universität Breslau, Breslau, Polen

16-19 Jahre

90 minutes

Einführung

Die Unterrichtseinheit beginnt mit konventionellem Lehrmaterial: historische Karten und ein Einführungsdialog zwischen der Lehrkraft und den Schülerinnen und Schülern [SuS].

Aufgabe 1

Die Karte zeigt Grenzveränderungen als Folge des Krieges. Findet und beschreibt sie.
Kommentar der Lehrkraft: Diese Grenzveränderungen haben schwerwiegendere Folgen: politische, militärische, wirtschaftliche, aber auch menschliche.

Aufgabe 2

Stellt euch eine Person vor, die 1938 in Breslau oder Brest Litowsk lebte. Was hätte mit ihr während des Krieges und nach dem Krieg passieren können? Stellt mindestens drei Szenarien vor.

Kommentar der Lehrkraft: Ist euch aufgefallen, dass es kurz- und langfristige Folgen gibt? Die kurzfristigen Folgen fallen sofort ins Auge, aber die langfristigen haben einen schwerwiegenderen Einfluss auf die Menschen.

Zusatzinformationen und Studienmaterial: Veteranen des Zweiten Weltkriegs und Koreakriegs haben Fragebögen über ihre Erlebnisse und ihre aktuellen psychologischen Reaktionen zum Krieg ausgefüllt. Neunzehn Prozent hatten ein Ergebnis über dem Cut-off-Wert sowohl im Fragebogen über den allgemeinen Gesundheitszustand als auch auf der Skala zu (kriegsbezogenen) Ereignissen. Dies zeigt, dass sogar 50 Jahre nach dem Ereignis, die Kriegserlebnisse noch für viele Veteranen problematisch sind. [...] Die Ergebnisse zeigen, dass die Folgen von traumatischen Erlebnissen, wie beispielsweise Krieg, noch später im Leben Einfluss haben.

https://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/13607860120038393?journalCode=camh20

Kommentar der Lehrkraft – Fortsetzung. Wenn eine Mutter während des Kriegs gestorben ist, haben ihre Kinder Traumata für ihr ganzes Leben erlebt, die sie womöglich an folgende Generationen weitergeben. In dieser Unterrichtseinheit bewegen wir uns von den Ergebnissen zu den Folgen des Krieges.

Ein erster kurzer Austausch von Ideen über die Ergebnisse gegenüber den Folgen wäre hier möglich.

Aufgabe 3

Welche der Bilder beschreiben nicht nur die Ergebnisse, sondern auch die Konsequenzen des 2. Weltkriegs? Erläutert eure Entscheidung.
Weitere Fotos können hinzugefügt werden, vor allem aus den Wohnorten der SuS, die die Städte vor dem Krieg, Nachkriegsruinen [Ergebnisse] und mit Änderungen aus der Nachkriegszeit [Konsequenzen] zeigen.

Analyse von Quellenmaterial - Gruppenarbeit

Die SuS bekommen Primärquellen: Fotos von Ruinen, Karten von Migrationsbewegungen, Bevölkerungsdiagramme und Schaubilder von wirtschaftlichen Entwicklungen. Sie bekommen außerdem ein Land, mit dem sie sich auseinandersetzen werden (alle SuS, jede Zweiergruppe, Gruppe/Reihe für ein Land, oder die Lehrkraft konzentriert sich auf die Heimatländer der SuS oder auf zwei ausgewählte Länder).

Die Lehrkraft hält dann einen Vortrag über die Folgen des Zweiten Weltkriegs mit den folgenden Schwerpunkten: 1. Politische Veränderungen: Grenzen und Regierungen. 2. Bevölkerungsveränderungen: Tode, Migration, Baby-Boom. 3. Wirtschaftliche Folgen: von Ruinen zum Wiederaufbau.

Beim Zuhören sollen die SuS die Quellen für die Entwicklung in „ihrem“ Land auswählen, die zum Vortrag der Lehrkraft passen. Als Hausaufgabe werden sie darum gebeten, die Folgen des Zweiten Weltkriegs für ihr gewähltes Land zu präsentieren. Dabei nutzen sie die Quellen als Illustration und stellen Argumente für ihre Aussagen vor.

Vortragsinhalt der Lehrkraft: Der Krieg führte zu vielen Toden, besonders unter jungen Männern, aber auch (in besetzten Ländern) unter der zivilen Bevölkerung in allen Altersgruppen, besonders unter der jüdischen Bevölkerung. Die Toten kommen nicht zurück, aber wir sehen in vielen Ländern einen Baby-Boom. Es gab in den Nachkriegsjahren eine erhöhte Anzahl von Neugeborenen. Die Babys veränderten nicht nur das Leben der individuellen Familien, sondern hatten auch einen Einfluss auf die Wirtschaft (z. B. viel mehr Babykleidung, Windeln, Spielzeuge usw. wurden gebraucht), auf das Sozialleben (Schwangerschaftspause, Kindertagesstätten, Schulgebäude und Schulbedarf) und auf die Kultur (Musik, Kinderfernsehen, Mode usw.). Nach dem wirtschaftlichen Desaster, das mit dem Krieg an vielen europäischen Orten einherging, begann der Wiederaufbau. Der wirtschaftliche Boom hielt mehrere Jahre an (Thema einer anderen Analyse, aber im Rahmen der Kriegsfolgen erwähnenswert). Die Gren- zveränderungen führten zu riesigen Migrationsbewegungen. Viele Menschen wurden entwurzelt und mussten neue Identitäten annehmen. Die Straßen- und Städtenamen wurden geändert. Es gab auch bestimmte Probleme mit der Eingliederung neuer Gebiete in die Landesverwaltung, mit der Wirtschaft, mit der Verkehrsstruktur oder mit Ausgleichszahlungen von durch den Krieg verursachten Verlusten. Fragen kamen auf, was man wiederaufbauen und was man so erhalten sollte, was als Denkmal gilt (siehe Einheit „Erinnerung und Memoralisierung an den Zweiten Weltkrieg in verschiedenen Ländern“) und was man vergessen sollte.

Kommentar der Lehrkraft: Die historische Analyse basiert oft auf Erzählungen, wie z. B. Tagebüchern, Memoiren, Geschichten aus Zeitungen und Magazinen. Auch offizielle Berichte erzählen uns einige „Geschichten“. Manchmal müssen sich Historiker aber auch auf „Rohdaten“ verlassen: Zahlen, Fakten, Fotodokumente. Sie erzählen an sich keine Geschichten, aber Historiker versuchen daraus Geschichten zu entwickeln, was sie uns erzählen können, wie sie die Vergangenheit erklären. Wissenschaftler interpretieren die Zahlen mit Hilfe von Grafiken und Diagrammen und Fakten mit Karten. Wir sollten immer berücksichtigen, also im Fall der Grenzveränderungen, dass hinter der Statistik und den Aussagen persönliche Erlebnisse stecken. In dieser Unterrichtseinheit analysieren wir verschiedene statistischen Quellen und suchen nach menschlichen Geschichten hinter den Objekten, Symbolen und Zahlen.

Die Klasse arbeitet in drei Gruppen. Jede Gruppe hat Arbeitsmaterial mit Aufgaben, Fragen und Quellen (in Form von Kopien oder Links). Anhand der Aufgaben sollen die SuS wie Wissenschaftler arbeiten (nach der Methodologie von Sam Wineburg), aber auf unterschiedliche Quellenarten achten, nicht nur Texte. Die SuS verwenden dann ihre Quel- lenanalysen, um ihre Behauptungen zu begründen. Im Grunde werden die Schlussfolger- ungen ihrer Analyse zu ihren Argumenten. Lehrkräfte können diese Arbeit dazu nutzen, Erörterungen schreiben zu lassen. Die These ist im Aufgabenpaket enthalten. Die SuS können sie in der Gruppe und während der Präsentation vor der Klasse diskutieren. Als Hausaufgabe kann dies in die individuelle Schreibaufgabe eingehen (auf Grundlage der Empfehlung von Chauncey Monte-Sano bei der Entwicklung von Erörterungen).

Macht ein Brainstorming über andere mögliche langfristige Folgen der Massenmigrationsbewegungen nach dem Zweiten Weltkrieg. Nennen Sie mindestens drei solcher Folgen und begründen Sie Ihre Behauptungen.

[Die meisten Quellen repräsentieren die Perspektive des Landes, in dem die Quelle erstellt wurde. Migrationen werden auf den Karten mit Pfeilen dargestellt, die in die Richtung der Migration zeigen. Die Größe der Pfeile kann ebenfalls von Bedeutung sein. Die Pfeile können die geographischen Aspekte und die Dimension der Migration demonstrieren. Man sieht, dass die Nachkriegsmigration immens war, und sehr dynamisch.]

Gruppe B
Bevölkerung: Demographische Statistiken

[Die Pyramiden sollen aus generierten Dateien von der Website populationpyramid.net eingefügt werden. Diese Seite bietet Daten aus unterschiedlichen Ländern auf der Welt ab 1950 an. Eine Lehrkraft könnte so zum Beispiel Pyramiden nach den lokalen Interessen der Klasse generieren.]

Das kleinste Verhältnis von Männern und Frauen in der Altersgruppe 20 bis 30 (in etwa) während der Kriegsjahre spiegelt die Anzahl der im Krieg gefallenen Soldaten wider. Diese „schmale“ Gruppe bewegt sich mit der Zeit nach oben, und die Überlebenden werden die älteren Generationen.
Baby-Boomer sind aber im Gegensatz die „breite“ Generation, direkt unter der „verlorenen“ Generation aus dem Krieg. Sie bewegt sich auch mit der Zeit nach oben.

Gruppe C
Wirtschaft: Statistiken des BIP

Antworten auf die Fragen:
1. 1944. 2. Deutschland 1946, Italien und die Niederlande 1945. 3. Bis 1948. 4. Bis 1956, aber die Vorkriegssituation war besser als in den Niederlanden. 5. Sie hatten während des Kriegs keine wirtschaftliche Krise und danach einen wirtschaftlichen Aufschwung. 6. Der Wiederaufbau fand im Westen viel schneller statt. Eine echte Dynamik war im Block der sowjetischen Staaten nicht sichtbar. 7. Die Krise war tiefer, der Wiederaufbau langsamer, die gesamte wirtschaftliche Situation schlechter, auch viele Jahre nach dem Krieg, es gab keinen wirtschaftlichen Aufschwung.

Zusammenfassung

Gibt es Kriegsfolgen, die man heute noch um uns sieht? Methode: Brainstorming.

Präsentation der Ergebnisse von jeder Gruppe, Fokus auf den markierten Punkten aus den Aufgaben jeder Gruppe.

Es ist wichtig zu erklären, dass die analysierten Daten nicht alle Folgen des Zweiten Weltkriegs abdecken. Und tatsächlich hatte der Krieg in allen Bereichen Spuren hinterlassen, in jedem Bereich menschlichen Lebens, für sehr, sehr viele Jahre. Dem „Schmetterlingseffekt“ zufolge hat jedes kleine Ereignis einen historischen Einfluss, und ein schwerwiegendes Ereignis wie der Zweite Weltkrieg hat dann einen entsprechend größeren Einfluss.

Die Ereignisse aus den verschiedenen Quellen wurden nicht getrennt, ganz im Gegenteil: Sie waren miteinander verknüpft und passierten zusammen. Darüber hinaus gab es noch andere Ereignisse. Wir werden sicherlich nicht alle Folgen des Zweiten Weltkriegs bearbeiten, verstehen und erklären können.

Zusatzaufgabe
Mit Hilfe der Quellen, die von den Gruppen A-C analysiert wurden, können diese Fragen beantwortet werden:

  1. Warum haben sich viele Vertriebene aus Osteuropa dazu entschlossen, sich nach dem Zweiten Weltkrieg in den USA niederzulassen? [Weil die Wirtschaft dort einen Aufschwung erlebte, und die USA hat Einwanderer begrüßt. Die Situation war sehr schlecht in ihren Heimatländern, weil die Heimatorte nicht mehr in ihrem Heimatland waren. Sie wollten nicht unter sowjetischer Herrschaft und kommunistischem Gesetz leben. Die Amerikaner boten ihnen Demokratie und Freiheit.]
  2. Sollten wir den Indikator BIP pro Kopf verwenden, obwohl dabei die Grenzveränderungen und Migrationen nicht berücksichtigt werden? [Ja, weil in vielen Fällen keine bessere Datengrundlage verfügbar ist.]

Geschichten von Menschen hinter der Statistik

In diesem Abschnitt kann die individuelle, emotionale Dimension der Kriegsfolgen anhand von Lyrik (Gedichtauswahl im dazugehörigen Kapitel) erfahren werden.

Auch wenn keine Zeit zur Analyse der Gedichte ist, oder der Wunsch nicht besteht, ist es dennoch gut, die menschliche Dimension zu beleuchten. Die SuS könnten darum gebeten werden, die Kriegsfolgen, die ihre Familien (oder Nachbarn) erlebt haben, zu besprechen. Dabei sollten sie ein Beispiel notieren und entscheiden, ob es mit den großen Folgen aus dem Unterricht zu vergleichen ist. Die Lehrkraft könnte diese Hausaufgabe mit eigenen Familienerlebnissen einleiten [z. B. meine Großeltern lebten an einem Ort, der damals zu Polen gehörte, danach gehörte er zur Sowjetunion, deshalb zogen sie nach Niederschlesien (früher deutsches, nach dem Krieg polnisches Gebiet); sie fühlten sich in ihrer neuen Heimat schnell wohl und sprachen sehr gern über die Verbesserungen ihres Alltags; sie waren sehr kritisch gegenüber den Versuchen des kommunistischen Regimes der Bevölkerung die marxistische Doktrin aufzuzwingen. Sie standen besonders kritisch der Förderung des Atheismus und Diskriminierung der katholischen Kirche gegenüber, aber gleichzeitig schätzten sie die egalitäre Herangehensweise der höheren Bildung im kommunistischen Polen: So konnten ihre Kinder an die Universität gehen, was zuvor für arme Bauern vom Dorf sehr unwahrscheinlich gewesen wäre].

Die Gedichte bilden sowohl allgemeine als auch individuelle Perspektiven ab, von sehr rational zu emotional. Sie schlagen einen Bogen zur Einleitung, wo eine Idee diskutiert wurde. Dabei interpretierten die SuS Grenzveränderungen auf den Karten und berücksichtigten die Rückschlüsse für individuelle Bewohner der ausgewählten Städte. Gesichter und menschliche Schicksale werden hinter „kalten“ historischen Prozessen sichtbar gemacht.

Antworten: 1B, 2C, 3D (Tod), 4E, 5A

[Gedichtsauswahl im dazugehörigen Kapitel, mehr Lyrik oder Prosa kann hinzugefügt werden.]

Diese Website verwendet verschiedene Cookies. Wir verwenden Cookies, um Inhalte zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien bereitzustellen und die Zugriffe auf unsere Website zu analysieren. Einige Cookies, die auf unseren Seiten erscheinen, werden von Dritten platziert. Weitere Informationen und Auswahlmöglichkeiten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung und in den Nutzungskonfigurationen.

Akzeptieren Ablehnen