Unterrichtsplan

Darja Kasiakowa Belarussische Staatliche Pädagogische Universität, Minsk, Belarus

13-16 Jahre

45 minutes

Ziel

Beschäftigung mit der Erinnerungskultur von Ereignissen des Zweiten Weltkriegs in Belarus, Deutschland, Polen und Russland.

Aufgaben

-> Definition der Konzepte „Erinnerung“, „Erinnerungskultur“, „Memorialisierung“, „Gedenken“;

-> Analyse der Bedeutung der Kriegserinnerung in verschiedenen Ländern durch die Analyse von Schulbüchern;

-> Verständnis über die Bedeutung von paneuropäischer Erinnerung (aktive Erinnerungsformen), um eine gemeinsame Lösung der aktuellen Probleme durch eine Beschäftigung mit Europas gemeinsamer Vergangenheit zu erreichen.

Arbeitsmethoden

Einzel-, Partner-, Gruppenarbeit, Leitung durch Lehrkraft.

Lernmethoden

Konversation, Kurzvortrag, INSERT, Fallmethode, problemorientierte Methode, multisensorische Analyse, Diskussion.

Material

Ein Projektor, Flipchart mit Papier, Textmarker, internetfähige Geräte (eventuell durch Mitbringen eigener Geräte), Kopien.

Vorbereitung

Wiederholung der Thematik „Zweiter Weltkrieg“ in den Geschichtsbüchern.
Materialauswahl, je nach Fähigkeit der SuS und der verfügbaren Zeit:

  • Schwarze Schrift – material für den Unterricht;
  • Zusatzmaterial – verfügbares Material für verbleibende Zeit und wenn das Niveau der SuS entsprechend hoch ist.

Unterrichtsverlauf

Phase I
Auffrischung von Wissen und Definition des Ziels

Thema Lernmethode Arbeitsmethode Dauer
Was ist Erinnerung? Konversation Leitung durch Lehrkraft 5 Minuten
Erinnerungskultur Kurzvortrag Leitung durch Lehrkraft 5 Minuten

Phase II   Hauptphase
Materialstudie

Thema Lernmethode Arbeitsmethode Dauer
Inhaltsanalyse von Geschichts- büchern durch die Ausstellung „Unterschiedliche Kriege“ INSERT Partnerarbeit 10 Minuten
Memorialisierung als Reflektionsform der Erinnerungskultur Fallmethode Gruppenarbeit 10 Minuten
Eine paneuropäische Erinnerung Problemorientierte Methode, multisensorische Analyse Gruppe, Leitung durch Lehrkraft 10 Minuten

Phase III
Zusammenfassung und Reflektion

Thema Lernmethode Arbeitsmethode Dauer
Was passiert mit der Erinnerung mit der Zeit? Diskussion Einzelarbeit 5 minutes

Phase I: Auffrischung von Wissen und Definition des Ziels

Was ist Erinnerung?

5 Minuten

Bitten Sie die SuS, folgende Fragen zu beantworten:

  • Was ist Erinnerung?
  • Wie wird sie geschaffen und entwickelt?
  • Wozu brauchen wir Erinnerung?
  • Wie selektiv ist Erinnerung, und wer wählt sie aus?
  • Ist es möglich, Erinnerungen von einer Person / Generation / Gemeinschaft zu einer anderen zu übertragen?
  • Ist es möglich, den gleichen Sachverhalt unterschiedlich in Erinnerung zu behalten?

Erwartung: SuS kommen zur Schlussfolgerung, dass Erinnerungen nicht nur aus Gedanken bestehen. Es ist eine Konstruktion, die von vielen Faktoren abhängt. Eine entscheidende Rolle in unserer Wahrnehmung ist nicht nur die Vergangenheit (was vor langer Zeit oder erst kürzlich passierte), sondern auch die Gegenwart.

Erinnerungskultur

5 Minuten

Die Lehrkraft hält einen Kurzvortrag über das Thema „Historische Erinnerung und Erinnerungskultur“. Das Hauptziel ist das Bekanntmachen mit den Schlüsselkonzepten, mit denen wir die Erinnerungskultur in unterschiedlichen Ländern analysieren können. Mithilfe der Informationen des Kurzvortrags erstellen die SuS ein Diagramm auf dem Flipchart, indem sie Indikatoren zur Analyse der Erinnerung im eigenen oder einem anderen Land beschreiben. Zu diesen Indikatoren gehören eventuell Denkmäler und Gedenkstätten, Schulbücher und wissenschaftliche Veröffentlichungen, Gedenk- und Feiertage, Gedenkveranstaltungen, öffentliche Diskussionen usw.

Schema „Indikatoren der Erinnerungskultur“

Phase II: Hauptphase

Materialstudie

Inhaltsanalyse von Geschichtsbüchern durch die Ausstellung „Unterschiedliche Kriege“

10 Minuten

Die SuS
-> machen sich mit dem Material der Ausstellung „Unterschiedliche Kriege“ vertraut (Poster zur „Erinnerung“);
-> füllen eine komparative Tabelle mit der Methode „INSERT“ aus, die Informationen markieren sie mit Zeichen:

V     Das weiß ich schon;
+     Das ist neu für mich;
–     Das überrascht mich; ich hätte das Gegenteil erwartet;
?     Das verstehe ich nicht, ich brauche eine Erklärung oder Erläuterung von der Lehrkraft.

Parameter Belarus Russland Polen Deutschland
An wen und woran erinnern sie? (Beispiele)        
Wie erinnern sie sich und aus welchem Grund? Reflektieren die Menschen kritisch?        
Zusätzliche Frage. Welche Ereignisse der staatshistorischen Entwicklung beeinflussten die Erinnerungskultur in der Zeit von 1945 bis 2020?        
Zusätzliche Frage. Welche Phasen in der Entwicklung der Erinnerungskultur gab es?        
Zusätzliche Frage. Wie beeinflusst eine Erinnerungskultur die Weltanschauung und die Bildung eines Wertesystems junger Menschen?        
Schlussfolgerung:
 

Memorialisierung als Reflektionsform der Erinnerungskultur

10 Minuten

Fotografien von Denkmälern aus vier Ländern werden gezeigt:

  • das Denkmal für deutsche Soldaten Deutschlands, die in beiden Weltkriegen starben, in Limburg, Deutschland;
  • das Denkmal für die Helden der Schlacht von Moskau; auf der Peremilowskaja Höhe in Jachroma, Russland;
  • das Denkmal „Der Mut“ in Brest, Belarus;
  • das Denkmal des Massakers von Katyn, Wrocław Polen.

Die SuS sollen herausfinden:

  • was dargestellt und welchem Ereignis das Denkmal gewidmet ist;
  • in welchem Land das Denkmal steht;
  • was durch das Denkmal kommuniziert wird (welche Bedeutung Kunstschaffende darin verarbeitet haben/welche Botschaft empfangen betrachtende Personen);
  • welche Aspekte den Standort des Denkmals beeinflusst haben;
  • welche Erinnerung des Krieges durch das Denkmal / Land dargestellt wird, und was das über die Gesellschaft des Landes aussagt.

Denkmal für deutsche Soldaten, die in beiden Weltkriegen starben, Limburg, Deutschland

Foto: Karsten Ratzke, CCO 1.0.
Lizenzfrei: Wikimedia

Denkmal für die Helden der Schlacht von Moskau auf der Peremilowskaja Höhe in Jachroma, Russland

Foto: Wilberus, CC BY-SA 3.0.
Lizenzfrei: Wikimedia

Denkmal „Der Mut“ in Brest, Belarus

Foto: Jan Szkudliński

Denkmal des Massakers von Katyn, Wrocław, Polen

Foto: Bonio, CC BY-SA 3.0.
Lizenzfrei: Wikimedia

Eine paneuropäische Erinnerung

10 Minuten

Die SuS werden in drei Gruppen eingeteilt. Jede Gruppe erhält ein Foto eines Denkmals (Hinweis: die SuS erfahren nicht die Städte, in denen die Denkmäler stehen).

Minsk, Belarus

Foto: Darja Kasjakowa

Berlin, Deutschland

Foto: Achim Raschke. Lizenzfrei: Wikipedia

Krakow, Poland

Foto: Jan Szkudliński

Aufgaben für die SuS:

Die SuS führen eine multisensorische Analyse der Denkmäler durch, indem sie folgende Sätze vervollständigen:

Im Foto sehe ich ... Was frage ich mich, wenn ich das Bild anschaue? (Möbel, ein kaputter Tisch, ein umgefallener Stuhl, viele leere Stühle auf einem Platz, Objekte ohne Menschen. Warum sind diese Objekte kaputt oder weit voneinander auf dem Platz entfernt?).

Ich rieche ... (selbstgekochtes Essen oder vielleicht Staub).

Ich höre ... (nichts als Stille, weil niemand mehr in dem Haus lebt, in dem diese Dinge waren. Vielleicht aber auch Schüsse, Stiefelschritte, laute Befehle, Frauengeschrei, Kinderweinen, Möbelgeräusche - alles, was an dem Tag hier passierte, und das Haus und familiäre Zentrum wurden alleingelassen.)

Ich spüre ... (einerseits Gefahr, Angst, Unglück, menschliches Leid, Hoffnung auf Rettung. Ich mache mir Sorgen, was hier passiert ist oder noch passieren wird. Andererseits spüre ich durch mein Vorwissen den Schmerz der Menschen, die aus diesen Häusern vertrieben und in den Tod geschickt wurden. Ich trauere um die unschuldigen Opfer und die Verbitterung, dass Familien getrennt wurden und Menschen ihre Liebsten verloren haben).

Ich habe Angst, dass ... (Ereignisse sich wiederholen könnten, eine ähnliche Tragödie jeder Familie passieren kann usw.).

Ich hoffe, dass ... (zumindest ein Familienmitglied, das im Krieg gelitten hat, überlebt und zurückkehren kann. Die Erinnerung der Verstorbenen wird in der Familie/Stadt erhalten bleiben, damit die Menschen nicht einfach starben und vergessen werden. Der Holocaust und andere Verbrechen gegen die Menschlichkeit des Zweiten Weltkriegs nie wieder wiederholt werden).

Diskussionsrunde

Nach der Präsentation der Ergebnisse aus der Gruppenarbeit vor der ganzen Klasse arbeiten die SuS an den folgenden Aufgaben in Form einer Diskussionsrunde:

  • Bestimmt die grundlegende Idee, die alle drei Denkmäler gemeinsam haben;
  • Überlegt, warum die Kunstschaffenden aus unterschiedlichen Ländern, Bilder von kaputten, verlassenen Häusern und Objekten ohne Menschen wählten;
  • Findet heraus (z. B. über Google Bilder), in welchen Städten Europas die Denkmäler der Aufgabe stehen, und wie sie die europäischen Völker in der Erinnerungsbe wahrung des Holocausts vereinen.

Nach dieser Aufgabe fragt die Lehrkraft die SuS, an welchen Orten in Europa die gemeinsame Erinnerung an die Ereignisse des Zweiten Weltkriegs stattfinden könnte; wo sich Vertreter von unterschiedlichen Ländern treffen könnten und wie man in einen Dialog tritt, um die aktuellen Probleme zu lösen, bei dem man die Erinnerung an die Vergangenheit bewahrt.

Zusatz- oder Hausaufgabe: Stelle ein Projekt vor, wie ein paneuropäisches Denkmal zur Erhaltung der Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg aussehen könnte. Wem würde man es widmen? Wie könnte es aussehen (verbale Beschreibung oder Zeichnung durch SuS)? Aus welchen Materialien wäre es? Wo könnte es stehen? Wann würden sich die Vertreter aus unterschiedlichen Ländern dort einfinden? Zu welchem Zweck würden diese Treffen abgehalten werden? Welche Worte würden darauf stehen, die sowohl Augenzeugen des Krieges als auch aktuelle Generationen ansprechen? In welcher Sprache wäre der Text geschrieben?

Phase III: Zusammenfassung und Reflexion

5 Minuten

Die SuS kehren zurück zum Diagramm vom Unterrichtsbeginn und vervollständigen es. Dabei berücksichtigen sie die neuen Informationen aus dem Unterricht und die Reflektion darüber.

Für die Reflektion schlägt die Lehrkraft vor, dass die SuS die folgenden „Erinnerungszitate“ einer Familie in die richtige Reihenfolge bringen und analysieren, was mit der Erinnerung einer Gesellschaft über die Jahre passiert.

  1. Mein Opa lebte während des Krieges in seinem Heimatort im Westen des Landes.
  2. Montag früh um zehn sah ich aus meinem Fenster, und eine Bombe fiel auf Haus Nummer 15 in unserer Straße.
  3. Mein Ururopa erlebte den Krieg.
  4. Mein Vater war neun Jahre alt, als sein Wohnort bombardiert wurde.

In welchem Land lebte diese Familie / könnte diese Familie gelebt haben?

Erwartung

Die SuS verstehen, dass die Zitate von Vertretern unterschiedlicher Generationen einer Familie sind: 2 ist ein Augenzeuge der Kriegsereignisse und ein Augenzeuge des Zweiten Weltkriegs (erste Generation); 4 ist das Kind des Augenzeugen (zweite Generation); 1 ist das Enkelkind des Augenzeugen (dritte Generation); 3 ist das Ur-ur-Enkelkind des Augenzeugen (vierte Generation).

Diese Familie hätte quasi in jedem Land in Europa leben können: Städte in Polen und der Sowjetunion wurden in den ersten Kriegstagen und deutsche Städte in der Endphase des Krieges stark bombardiert. Deshalb verloren zahlreiche Menschen ihr Zuhause, und Familien verloren ihre Liebsten. Dadurch verstehen die SuS, dass, obwohl die Kriegsgeschichte in jedem Land andere Akteure, andere Eckdaten und Schlüsselereignisse hat, die Erinnerungen an den Krieg von allen geteilt werden. Nach der Sortierung der „Erinnerungszitate“ in die richtige chronologische Reihenfolge sieht man ganz deutlich, je weiter man von den beschriebenen Ereignissen entfernt ist, desto mehr schwindet das Wissen oder die Erinnerung. Mit der Zeit verliert man diese Erinnerung sowohl in der Familie als auch in der Weltgemeinschaft insgesamt. Eine paneuropäische Erinnerung der Ereignisse des Zweiten Weltkriegs ist eine Plattform für internationalen Dialog und eine friedliche Lösung von Konflikten in der modernen Welt. Eine Auslöschung oder ein Verlust der Erinnerung könnte zu einer zukünftigen Menschheitskatastrophe durch Krieg beitragen.

Zusammenfassung des Unterrichts

Die SuS bringen ihre Klebezettel neben der Aussage „Erinnerungsbewahrung in der Gegenwart = Keine Wiederholung der Vergangenheit („Nie wieder“)“ an (stimme zu – weißer Klebezettel, stimme nicht zu – blauer Klebezettel). Die SuS sollten auf die Klebezettel schreiben, was sie aus dieser Unterrichtseinheit gelernt haben.

Benötigte Materialien - SuS

Die Ausstellung „Unterschiedliche Kriege“

Memorialisierung als Ausdruck der Erinnerungskultur

Fotografien von Denkmälern aus vier Ländern:

Ein gemeinsames europäisches Gedenken

Denkmäler

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