Hinweise für den Besuch von Gedenkstätten

Marcus Chavasse Civil Society Forum e.V., Berlin, Deutschland / Anna Skiendziel Komplex der Fach- und Sekundarschulen Nr. 2, Katowice, Polen

Wenn Sie mit Schüler*innen eine Gedenkstätte besuchen, ist es wichtig, die allgemeinen und spezifischen Verhaltensregeln zu berücksichtigen, die für diesen Ort gelten. Ein angemessenes Verhalten ist nicht nur wichtig, um andere Besucher*innen nicht zu stören, sondern auch, um der Gedenkstätte und den Menschen, an die sie erinnert, den gebührenden Respekt entgegenzubringen. Es empfiehlt sich auch, die Schüler*innen vorab zu informieren, ob sie etwas Bestimmtes mitbringen müssen, z.B. festes Schuhwerk und angemessene Kleidung. Um Konfrontationen zu vermeiden, sollte die Erklärung vor der Ankunft an der Gedenkstätte erfolgen, entweder im Klassenzimmer oder auf dem Weg dorthin (wenn man etwa mit dem Bus fährt).

Natürlich erfordern verschiedene Arten von Gedenkstätten unterschiedliche Vorbereitungen. Dieses kurze Kapitel gibt einen allgemeinen Überblick darüber, was bei der Vorbereitung eines Besuchs berücksichtigt werden sollte. Es liegt im Ermessen der Lehrkraft zu entscheiden, welche Punkte für einen bestimmten Besuch relevant sind.

Gedenkstätten als Orte der Reflexion und des Respekts: Wie man sich verhalten sollte

Vor dem Besuch ist es sinnvoll, die Schüler*innen selbst zu fragen, wie sie sich ihrer Meinung nach vor Ort verhalten sollten. Diese Frage ist ein guter Ausgangspunkt für eine Diskussion über das Verhalten in der Gedenkstätte und eventuell dort geltende Vorschriften, wobei die Schüler*innen in der Diskussion führend sein sollten. Bei den folgenden Punkten handelt es sich zwar nicht um institutionelle Vorschriften (etwa im Sinne einer Besucherordnung), sie betreffen aber wichtige Verhaltensaspekte, die es sich zu besprechen lohnt.
  • Bei vielen Erinnerungsorten geht es um das Gedenken an die Toten, z.B. bei Kriegerdenkmälern, Konzentrationslagern oder auch nur Gedenktafeln für einzelne Personen wie z.B. den Stolpersteinen. Als Faustregel gilt, dass man an diesen Orten Respekt durch Schweigen und stilles Nachdenken zeigt. Je nach Alter und Temperament könnte dies vielen Schüler*innen schwer fallen, sie sollten aber für diese erwartete Haltung sensibilisiert werden. Aus demselben Grund sollten Schüler*innen an solchen Gedenkorten nicht rennen und spielen; sie sollten alle Bereiche der Gedenkstätte respektieren und sich gegebenenfalls an die ausgeschilderten Wege halten. Eine Gedenkstätte ist kein Park, auch wenn sie manchmal so aussieht. Hier hilft der Vergleich mit dem Friedhof: Wie würden sich die Schüler*innen dort verhalten?
  • Die Schüler*innen sollten sich darüber im Klaren sein, dass es Zeit und Ort für ihre Fragen geben wird, aber nicht unbedingt während des Besuchs. Je nach den methodischen Empfehlungen könnte der beste Zeitpunkt für Fragen auf dem Rückweg von der Gedenkstätte oder später im Unterricht sein; unter Umständen ist es auch angemessen, Fragen während des gesamten Besuchs z.B. an einen Guide zu stellen. Die Lehrkraft sollte diesen Rahmen im Voraus transparent erläutern.
  • Wahrscheinlich werden sich während des Besuchs auch andere Gruppen oder Besucher*innen an der Gedenkstätte aufhalten. Die Schüler*innen sollten nicht nur den Ort selbst, sondern auch andere Menschen respektieren. Dazu gehört, dass sie sich ruhig verhalten und andere nicht stören, zusammenbleiben oder sich an die jeweilige Kleingruppe halten, dem Guide zuhören und dem Erzählen aufmerksam folgen sowie eine respektvolle Haltung einnehmen. Man sollte daran denken, dass andere Personen vielleicht deswegen da sind, um ihren Angehörigen die letzte Ehre zu erweisen.
Ein Schild mit der Bitte um Ruhe und Respekt auf dem Arlington-Friedhof,
Virginia, USA. Foto © Arlington Cemetery, alle Rechte vorbehalten

Besucherordnungen der Gedenkstätten

Die meisten Gedenkstätten haben eigene Regeln und Vorschriften (Besucherordnung), die eingehalten werden müssen. Es liegt in der Verantwortung der Lehrkraft, diese aufzutun und die Klasse vor dem Besuch damit vertraut zu machen. Weiter unten finden Sie eine Übung, die den Schüler*innen helfen soll, darüber nachzudenken, welche Regeln gelten könnten und, was noch wichtiger ist, warum es diese Regeln gibt. Die Besucherordnung könnte sich zum Beispiel auf Folgendes beziehen:
  • Angemessene Kleidung: wetter-, aber auch kultur- oder religionsgerecht
  • Fotos machen
  • Benutzung von Mobiltelefonen
  • Größe des mitgeführten Gepäcks
  • Essen und Trinken
  • Musik hören
  • Fahrrad fahren
Ein Beispiel für eine Besucherordnung, aufgenommen am Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin, Deutschland. Foto: Vasyatka1, CC CA-BY 4.0, Wikimedia Commons, File:Memorial_to_the_Murdered_Jews_of_Europe_—_Regulations_for_Visitors.jpg
Besucherordnung für Auschwitz-Birkenau. Białecka, A., Oleksy, K., Regard, F. & Trojański, P. (eds.) (2010). European pack for visiting Auschwitz-Birkenau Memorial and Museum: Guidelines for teachers and educators. Strasbourg: Council of Europe, https://auschwitz.org/gfx/auschwitz/userfiles/auschwitz/inne/european_pack_for_visiting_auschwitz.pdf, letzter Zugriff: 13. Februar 2023.

Was zu beachten ist: eine zusammenfassende Checkliste

Der Veranstalter des Besuchs hat bei der Planung auch eine Reihe von Formalitäten zu berücksichtigen, zum Beispiel:
  • Befindet sich die Gedenkstätte in einem Gebäude oder draußen?
  • Geht es um einen öffentlichen oder privaten Raum?
  • Muss man für den Besuch einen Termin vereinbaren?
  • Ist der Besuch kostenlos oder muss man Eintrittskarten kaufen?
  • Wie lange wird der Besuch einschließlich der Reisezeit dauern?
  • Ist ein Guide vorgeschrieben?
  • Ab welchem Alter ist ein Besuch der Gedenkstätte sinnvoll und gestattet?
  • Ist die Gedenkstätte für Menschen mit Behinderung zugänglich?
  • Müssen bestimmte Dokumente mitgebracht werden?
Denken Sie vor der eigentlichen Planung des Besuchs an diese Anforderungen, um die Voraussetzungen für einen reibungslosen Ablauf zu schaffen. Natürlich kann der Besuch einer Gedenkstätte eine überwältigende oder sogar überfordernde Erfahrung sein und unvorhersehbare Reaktionen bei den Schüler*innen hervorrufen. Während der gesamten Vorbereitungsphase sollte die begleitende Person Ruhe bewahren und den Schüler*innen ein Gefühl der Sicherheit vermitteln. Eine gute, umfassende Planung kann eine stressfreie Erfahrung für alle Beteiligten weitgehend gewährleisten.

Regeln verstehen: eine kurze Übung

Die folgende kurze Übung (15-20 Minuten) dient der Vorbereitung auf den Besuch eines Ortes, an dem es bestimmte Regeln und Vorschriften gelten. Sie sollte den Schüler*innen helfen zu verstehen, warum es solche Regeln gibt.
  1. Die Schüler*innen stellen in Zweiergruppen 5 Regeln auf, die sie an der zu besuchenden Gedenkstätte erwarten würden.
  2. Jeweils zwei Paare finden sich zusammen (nach dem Schneeballverfahren), vergleichen ihre Antworten und stellen eine Liste mit 5 Regeln zusammen, auf die sich alle einigen.
  3. Nachdem jede Gruppe 5 Regeln formuliert hat, schauen sich die Schüler*innen jede Regel der Reihe nach an und fügen „weil …“ hinzu, z. B. „Unterbrich den Guide nicht, weil …“. Indem sie darüber nachdenken, warum es eine Regel gibt, können sie besser verstehen, warum man sie befolgen muss.
  4. Zum Schluss wählt jede Gruppe eine Person,die die Regeln der Gruppe im Plenum vorträgt.
Bei dieser Übung wird das Wort „Respekt“ wahrscheinlich oft fallen. Wenn genügend Zeit zur Verfügung steht, kann eine kurze Diskussion darüber geführt werden, was Respekt bedeutet, d.h. an welchem Verhalten oder Äußerungen erkennbar sein kann, dass jemand respektiert wird und warum.

Diese Website verwendet verschiedene Cookies. Wir verwenden Cookies, um Inhalte zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien bereitzustellen und die Zugriffe auf unsere Website zu analysieren. Einige Cookies, die auf unseren Seiten erscheinen, werden von Dritten platziert. Weitere Informationen und Auswahlmöglichkeiten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung und in den Nutzungskonfigurationen.

Akzeptieren Ablehnen