1 September 1939

Beatrice Paetzold Brücke/Most-Stiftung, Dresden, Deutschland

16-19 Jahre

90 minutes

Allgemeine Information

Allgemeine Information zum Anfang des Zweiten Weltkrieges am 1. September 1939

Der September stand völlig im Zeichen des von deutscher Seite begonnenen Krieges: Um 4.45 Uhr eröffnete das deutsche Kriegsschiff „Schleswig-Holstein“ am 1. September das Feuer auf die Danziger Westerplatte1, um 5.45 Uhr wurde dann nach einem von deutscher Seite vorgetäuschten „Angriff“ auf den Sender Gleiwitz2 „zurückgeschossen“ – der von Vielen gefürchtete Krieg hatte begonnen. Um 10 Uhr begründete Adolf Hitler in einer im ganzen Deutschen Reich3 übertragenen Rede vor dem Reichstag4 den ohne Kriegserklärung erfolgten Angriff auf Polen. Dabei vermied er das Wort „Krieg“, eine Vorgabe, die auch an die deutsche Presse weitergegeben wurde.

Am Morgen des 3. September erklärten nach zweitägigem Zögern zunächst Großbritannien, kurz darauf Frankreich dem Deutschen Reich den Krieg, woraufhin von deutscher Seite der Seekrieg gegen das britische Empire eröffnet wurde.

Nachdem am 17. September – wie im Zusatzabkommen zum Nichtangriffspakt5 im August vereinbart - sowjetische Truppen in Ostpolen eingedrungen waren, trafen am folgenden Tag bei Brest6 erstmals deutsche und sowjetische Truppen aufeinander. Bei dieser Gelegenheit erklärten beide Seiten in einer gemeinsamen Stellungnahme, sie würden in Polen keine gegensätzlichen Interessen verfolgen. Am 22. September zogen sich die deutschen Truppen dann auf die vereinbarte Linie zurück.

Tags zuvor hatte Reinhard Heydrich7 als Chef der Sicherheitspolizei und des Sicher- heitsdienstes der SS8 die von den deutschen Besatzern in Polen zu verfolgende Politik festgelegt: Liquidierung der Intelligenz, Gettoisierung der Juden sowie die Umsiedlung der polnischen Bevölkerung in ein als „Generalgouvernement“9 bezeichnetes Restpolen mit der Hauptstadt Krakau.

Nach Einschätzung des Oberkommandos der Wehrmacht10 vom 23. September war der Feldzug in Polen damit beendet. Das hinderte die deutsche Luftwaffe jedoch nicht daran, zwei Tage später Warschau massiv zu bombardieren – ein militärisch unnötiger Angriff, der mehr als 10.000 Todesopfer forderte. Am 27. September kapitulierte die Stadt, und weitere 140.000 polnische Soldaten gerieten in deutsche Gefangenschaft.

Der Kriegsbeginn brachte natürlich auch für das tägliche Leben im nunmehr als „Heimatfront“11 geltenden Reichsgebiet gravierende Änderungen mit sich. Bereits am 1. September wurde die vollständige Verdunklung angeordnet und das Abhören von „Feindsendern“ und die Verbreitung dort gehörter Nachrichten unter hohe Strafe gestellt. Arbeitsplatzwechsel waren ohne behördliche Genehmigung nun völlig ausgeschlossen. Am 3. September wurde der Erlass über „Grundsätze der inneren Staatssicherung während des Krieges“ veröffentlicht, in dem Reinhard Heydrich als Chef der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes der SS direkt androhte, gegen jeden rücksichtslos einzuschreiten, der öffentlich am deutschen Sieg zweifeln würde.

Weitere, zum Teil tiefgreifende Maßnahmen folgten: Durch Verordnung des Ministerrats für die Reichsverteidigung wurde am 4. September die Stärke des Reichsarbeitsdienstes12 für die weibliche Jugend zwischen 17 und 25 Jahren auf 100.000 erhöht. Am selben Tag erließ dieses Gremium eine „Kriegswirtschaftsverordnung“, die unter anderem Zuschläge auf die Einkommensteuer sowie auf Tabak, Bier und weitere Alkoholika mit sich brachte. Zugleich wurden „Kriegslöhne“ eingeführt, was auch bedeutete, dass Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit entfallen sollten. Eine gegen „Volksschädlinge“ gerichtete Verordnung des Ministerrats belegte ab dem 5. September Plünderungen in geräumten Gebieten und während eines Fliegeralarms ausgeübte Verbrechen mit dem Tode.

Mit einer Verordnung vom 6. September verbot der Reichsverkehrsminister ab dem 20. September die Benutzung privater Kraftfahrzeuge. Nur wenn deren Nutzung im öffentlichen Interesse lag, waren Ausnahmegenehmigungen möglich. Am 25. September traten im Reichsgebiet dann Verordnungen über die öffentliche Bewirtschaftung von Nahrungs- und Genussmitteln vom 7. September in Kraft. Danach wurden Brot, Milch, Fleisch, Fett, Marmelade und Zucker – bis dahin zum Teil noch frei verkäuflich – nur noch gegen Marken abgegeben. Gleiches galt für Seife und Waschmittel. Vollmilch gab es ohnehin nur noch für Kinder, Schwangere sowie Schwer- und Schwerstarbeiter, an die besondere Karten ausgegeben wurden.

Immerhin gab es auch kleine Erleichterungen. So wurde das am 4. September verfügte Verbot öffentlicher Tanzveranstaltungen zum Monatsende wieder aufgehoben. Und schon am 9. September hatte Hermann Göring13 versucht, Optimismus zu verbreiten, als er in einer von allen deutschen Sendern übertragenen Rede vor Arbeitern der Rheinmetall-Borsig-Werke14 in Berlin-Tegel vollmundig erklärte, das Deutsche Reich sei der am besten gerüstete Staat der Erde.

Für eine Bevölkerungsgruppe stellte der Kriegsbeginn ein überaus bedrohliches und weitgehend auswegloses Szenario dar: Durch eine Polizeiverordnung wurde für Juden im Deutschen Reich direkt mit Kriegsbeginn eine Ausgangssperre angeordnet, am 20. September wurde ihnen der Besitz von Rundfunkempfängern verboten. Vor allem aber verschlossen sich kriegsbedingt die letzten Möglichkeiten zur Emigration. [...]

Durch Erlass von [...] Erziehungsminister [...] wurde den zur Wehrmacht eingezogenen Primanern15 am 8. September der sogenannte „Reifevermerk“16 erteilt. Auch Schülerinnen der Höheren Schulen wurde dieser Abschluss gewährt, wenn sie bis April 1940 im Kriegshilfsdienst17 tätig wurden.

Auf der Grundlage einer Verordnung des Ministerrats für Reichsverteidigung vom 22. September mussten deutsche Schüler ab 16 Jahren in den Ferien Erntedienste leisten.

759 Wörter
Quelle: September 1939
https://jugend1918-1945.de/portal/Jugend/info.aspx?bereich=projekt&root=10382&id=22583&redir=
Zuletzt abgerufen: 12/08/2021

Begriffserklärung

1 Die Westerplatte ist eine Halbinsel in der Freien Stadt Danzig, auf der sich von 1924 bis 1939 ein befestigtes polnisches Munitionsdepot befand. Die Freie Stadt Danzig (heute Gdańsk, Polen) war eine Stadt im Nordwesten Polens, in der Provinz Pommern. Von 1920 bis 1939 stand sie unter dem Schutz des Völkerbundes und erhielt den Status eines teilsouveränen, unabhängigen Freistaats mit polnischen Hafenrechten.

2 Der Sender Gleiwitz war ein Radiosender in Gliwice-Szobiszowice (früher Gleiwitz- Petersdorf) in der polnischen Provinz Schlesien.

3 Das Deutsche Reich war die Bezeichnung für den deutschen Nationalstaat zwischen 1871 und 1945. Nach dem „Anschluss“ Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland im März 1938 wurde der Begriff „Großdeutsches Reich“ offiziell verwendet und in der Propaganda eingesetzt.

4 Laut der Weimarer Reichsverfassung war der Reichstag von 1919 bis 1933 das Parlament und damit eines der obersten Organe des Deutschen Reiches. Der Reichstag tagte im Berliner Reichstagsgebäude.

5 Im geheimen Zusatzprotokoll zum Hitler-Stalin-Pakt vom August 1939 einigten sich die Sowjetunion und das Deutsche Reich auf die Aufteilung der Länder untereinander. Finnland, Estland, Lettland und Bessarabien (Teile des heutigen Moldau und der Ukraine) wurden der Sowjetunion zugeschlagen, Litauen und Südosteuropa dem Deutschen Reich.

6 Brest ist heute eine Stadt in Belarus und war der größte Grenzübergang zu Polen.

7 Reinhard Heydrich (1904 - 1942) was, among other things, deputy Reichsprotektor in Bohemia and Moravia (the parts of Czechoslovakia under German rule from 1939-1945). In 1941 he was put in charge of the “Final Solution of the Jewish Question”, and after that time he was one of the main organisers of the Holocaust.

8 Die Schutzstaffel (SS) war eine nationalsozialistische Organisation während der Weimarer Republik (1918-1933) und der Zeit des Nationalsozialismus (1933-1945). Sie diente als Herrschafts- und Unterdrückungsinstrument der NSDAP (NS-Partei von 1920- 1945) und Adolf Hitler. Ab 1934 gehörte die Verwaltung der Konzentrationslager und ab 1941 der Vernichtungslager zu ihren Aufgaben. Die SS war vor allem an der Planung und Durchführung des Holocausts und anderer Völkermorde beteiligt.

9 Etwas mehr als einen Monat nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Polen am 1. September 1939 wurde das Land neu aufgeteilt. Die westlichen Teile wurden vom Deutschen Reich annektiert, während Ostpolen an die Sowjetunion fiel. Zentralpolen, einschließlich Krakau und Warschau, wurde als „Generalgouvernement“ bezeichnet. Langfristig plante das NS-Regime, den Großteil der polnischen Bevölkerung aus dem Generalgouvernement zu vertreiben und durch so genannte “volksdeutsche Bauern” zu ersetzen, um so den deutschen “Lebensraum” zu erweitern.

10 Die „Wehrmacht“ war die Bezeichnung für die Gesamtheit der Streitkräfte im nationalsozialistischen Deutschland. Sie gliederte sich in das Heer, die Marine und die Luftwaffe. Zusammen mit dem Oberkommando des Heeres, dem Oberkommando der Marine und dem Oberkommando der Luftwaffe war das Oberkommando der Wehrmacht eine der höchsten Stabsorganisationen der Wehrmacht.

11 Die „Heimatfront“ war ein Konstrukt der nationalsozialistischen Propaganda, um die angebliche Verbundenheit zwischen den an der Front kämpfenden Soldaten und den Daheimgebliebenen zu dokumentieren und zu stärken. Im weiteren Verlauf des Krieges wurde der Begriff für den gesamten Arbeitseinsatz in der Heimat übernommen.

12 Männliche und weibliche Jugendliche zwischen 18 und 25 Jahren wurden zum Reichsarbeitsdienst verpflichtet. Aufgabe des Reichsarbeitsdienstes war es, “die deutsche Jugend im Geiste des Nationalsozialismus zu einer Volksgemeinschaft zu erziehen” und “gemeinnützige Arbeiten zu verrichten”, wie z.B. die Erschließung von Moorgebieten oder Arbeiten beim Autobahnbau. Gegen Ende des Krieges wurde der Schwerpunkt fast ausschließlich auf die militärische Ausbildung gelegt.

13 Hermann Göring (1893 - 1946) war ein führender deutscher Politiker der Nationalsozialisten. Ab Mai 1935 war er Oberbefehlshaber der Luftwaffe. Ab 1936/1937 übernahm er die Leitung der deutschen Wirtschaft und des Reichswirtschaftsministeriums.

14 Die Rheinmetall-Borsig-Werke sind ein deutsches Maschinenbauunternehmen mit Sitz in Berlin, das sich vor allem auf den Bau von Lokomotiven spezialisierte.

15 Primaner waren Schüler*innen weiterführender Schulen, in der Regel zwischen 16-19 Jahren.

16 Schüler*innen, die zum Reichsarbeitsdienst oder zur Wehrmacht einberufen wurden, erhielten einen „Reifevermerk“, der die Genehmigung für ein Vorsemester an der Universität enthielt (das nach Beendigung des Dienstes zu absolvieren war), um die für ein Universitätsstudium erforderlichen Kenntnisse nachzuholen.

17 Bereits zu Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde der Kriegshilfsdienst als zeitlich befristete Maßnahme für Schüler*innen weiterführender Schulen eingeführt, z.B. für die Ausgabe von Lebensmittelkarten. Offiziell sollte diese Art des Militärdienstes in sozialen Einrichtungen, in Krankenhäusern und bei bedürftigen Familien oder im Staatsdienst und bei Dienststellen der Wehrmacht geleistet werden. Tatsächlich arbeiteten im Winter 1942/43 die meisten jungen Frauen in Transportunternehmen und in der Rüstungsindustrie.

Tagebücher / Memoiren (Deutschland)

Kriegsbeginn am 1. September 1939

Die Erinnerungen wurden von Werner Mork (*1921) aus Bremen im Juli 2004 aufgeschrieben.

Am 1. September 1939 kam ich froh und munter zu meiner Mutter in die Küche. Ich hatte gut geschlafen und fühlte mich richtig frisch und wohl. Nur bei meiner Mutter verspürte ich eine große Nervosität. Der Grund war der, dass sie beim Brötchenholen gehört hatte, dass für den Vormittag dieses Tages eine Sondersitzung des Reichstages [Versammlung des Reiches] anberaumt sei, auf der vom Führer [politischer, mit Adolf Hitler assoziierter Titel] eine Rede zum Problem Polen halten würde. Für ganz Deutschland sei ein Gemeinschafts-empfang angeordnet. Teilnahme sei Pflicht für alle Volksgenossen1 [Bürger*innen deutscher Abstammung], auch in den Betrieben. Meine Mutter war nun voller Sorge und meinte, das könne Krieg bedeuten. Sie sah das anders als mein Vater, auch anders als ich.

Aber von der allgemeinen Unruhe wurde ich dennoch erfasst, auch wenn ich die Möglichkeit eines Krieges noch für ein übles Gerücht hielt. Schon auf dem Weg zum Bahnhof hörte ich, dass das kein übles Gerücht sei, sondern der Krieg Wirklichkeit geworden war. Es wurde allgemein darüber gesprochen, dass schon in der Nacht der Krieg gegen Polen begonnen habe. Irgendwie und irgendwo hatten bereits viele Menschen das vernommen. Wieweit das nun auch stimmen würde, das würde sich ja ergeben aus der angekündigten Rede des Führers, auf die ein jeder voller Spannung wartete.

Bei der Arbeit musste ich mich darum kümmern, dass wir alle wie angeordnet, die Rede anhörten. Um 10 Uhr übertrug der Großdeutsche Rundfunk [] die Rede des Führers aus dem Reichstag an alle Radioprogramme auf der Kurzwelle.

In der Firma musste ich sofort alles herrichten um den anbefohlenen Gemeinschafts-empfang durchführen zu können. Um 10 Uhr wurde vom “Großdeutschen Rundfunk” [vom 01.01. 1939 bis 1945 die Bezeichnung für das einheitliche Hörfunkprogramm des nationalsozialistischen Deutschen Reiches] über alle Sender im Reich, und über alle Kurzwellensender, die Reichstagsrede des Führers übertragen.

In ganz Deutschland, und in vielen anderen Ländern war nun zu hören, was der Führer kund tat. Er erklärte, dass es ein Ende habe mit der grenzenlosen Anmaßung der Polen gegenüber dem Deutschen Reich, der Stadt Danzig [Anm.: heute Gdansk - Stadt in Polen, von 1920 bis 1939 Freie Stadt mit einer überwiegend deutschsprachigen Bevölkerung] und den Volksdeutschen2 [ethnische Deutsche im Ausland] in Polen.

“Seit 5 Uhr früh würde jetzt zurückgeschossen, und Bombe mit Bombe, und Granate mit Granate vergolten.”3 Das Deutsche Reich befände sich im Kriegszustand mit Polen, die das nicht anders gewollt und die ausgestreckten, friedvollen Hände der Deutschen zurückgestoßen hätten. Mit dieser Rede verkündete der Führer auch gleichzeitig die Wiedereingliederung der Stadt Danzig in das Deutsche Reich. Und er erklärte, dass er, der Führer ab sofort wieder den feldgrauen Rock tragen würde, das Ehrenkleid der Nation. Diesen Rock würde er nicht eher ablegen, bis der Krieg siegreich für Deutschland beendet sein würde.

In ganz Deutschland und in den anderen Ländern war der tosende Beifall zu hören, den die Abgeordneten dieses Reichstags ihrem Führer “spendeten”, um dann die National-Hymnen zu singen, die wir in der Firma stehend mit anhörten. An ein Mitsingen dachte keiner.

Der Gemeinschaftsempfang war zu Ende. Unter den Gefolgschaftsmitglieder4 [Mitglieder der Jugendorganisation Hitlerjugend (HJ)] gab es ein doch sehr betretenes Schweigen, welches dann der Senior-Chef mit dem Bemerken beendete, nun wollen wir mal alle wieder an unsere Arbeit gehen und unser Bestes tun.

Ich allerdings fand dieses Verhalten und das Schweigen schon als etwas sonderbar. Hätte nicht nun der Chef doch ein “Sieg Heil” [eine Geste, die als Gruß in Nazideutschland verwendet wurde] auf den Führer ausbringen müssen? So meinte ich in meinem doch wohl sehr naiven Sinn.

Und hätten wir nicht auch die deutschen Nationalhymnen mitsingen müssen in dieser doch so erhebenden Stunde? Hätten wir uns nicht nun auch so begeistert zeigen müssen, wie das Volk damals im August 1914 [Ausbruch des 1.Weltkrieges]? Hätten wir in unserer kleinen Firma, in dieser großen Stunde nicht zeigen müssen, dass wir voll und ganz hinter unserem Führer stehen, in der jetzt kommenden schweren Zeit? Das war für mich nicht begreifbar und ich “beschloss”, selber etwas zu tun. Ich ging auf den Boden, wo sich die beiden Fahnenstangen befanden, an denen die Nationalfahnen befestigt waren und schob diese mit eigener Kraft aus den Bodenluken heraus, und “lustig” flatterten nun die Fahnen “Schwarz-weiß-rot” und die “Hakenkreuzfahne” im Morgenwind des 1. September 1939 herunter auf die Katharinenstraße in Bremen. Ich war der festen Überzeugung, dass an diesem Tag doch die Fahnen zu flattern hätten; das zu veranlassen sah ich als meine Aufgabe an.

Von dieser, meiner (spontanen) Eigenmächtigkeit hatte keiner etwas bemerkt, bis dann aber ein Anruf aus dem Polizeihaus in der Firma einlief mit der sehr wütenden Anfrage, wer da in dem Hause die Flaggen gehisst hat? Wobei sogar die Bemerkung „Idiot“ gefallen sein soll. Es sei keine Beflaggung angeordnet, die Fahnen sind unverzüglich wieder einzuholen. Nun kam sie ans Licht, meine so spontane Eigenmächtigkeit. Ich bekam einen furchtbaren Rüffel und musste dann die Fahnen wieder einziehen, wobei mir dann der Packer [Helfer im Lager] half, denn alleine war das kaum durchführbar. Damit war sie zu Ende, diese, wohl nicht nur in Bremen einmalige Flaggenhissung aus Anlass des ausgebrochenen Krieges. Das dürfte es im ganzen “Großdeutschen Reich” nicht noch einmal gegeben haben. Aber ich war dennoch der Meinung, dass ich doch völlig richtig gehandelt hatte. [...]“

884 Wörter
Quelle: Mork, Werner: Kriegsbeginn am 1. September 1939, in: LeMO-Zeitzeugen, Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland,
http://www.hdg.de/lemo/zeitzeugen/werner-mork-1945-den-krieg-ueberlebt.html
Zuletzt abgerufen: 09/08/2021

Glossar

1 „Volksgenosse“ Der Begriff „Volksgenosse“ bezeichnete nach Vorstellung der National- sozialisten die Angehörigen „deutschen Blutes“, um ethnisch Deutsche von anderen Bevölkerungsgruppen wie Jüd*innen oder Rom*nja zu unterschieden. Der Begriff wurde 1920 im Parteiprogramm der NSDAP als ein rassenideologischer Term eingeführt: „Staatsbürger kann nur sein, wer Volksgenosse ist. Volksgenosse kann nur sein, wer deutschen Blutes ist, ohne Rücksichtnahme auf Konfession. Kein Jude kann daher Volksgenosse sein.“ Adolf Hitler führte die rassischen Beziehungen in seiner autobiografischen Schrift „Mein Kampf“ aus, indem er Bevölkerungsgruppen als „Asoziale“ der „Behinderte“ klassifizierte.

2 „Volksdeutsche” In Nazideutschland waren “Volksdeutsche” Bevölkerungsgruppen, deren Sprache und Kultur deutsche Wurzeln hatte, die aber nicht die deutsche Staatsbürgerschaft hatten. Die Volksdeutschen legten ihre Identität als Auslandsdeutsche ab und wandelten sich in einem Prozess der Selbstradikalisierung in Volksdeutsche um. Dieser Prozess war für die Nationalsozialisten ein Anlass für außenpolitische Aggressionen wie z. B. beim Polenfeldzug.

3 “Seit 5 Uhr früh würde jetzt zurückgeschossen, und Bombe mit Bombe, und Gran- ate mit Granate vergolten.”

Dies sollte lauten: “... Seit 5 Uhr erwidern wir das Feuer, und von nun an werden Bomben mit Bomben beantwortet! Wer mit Giftgas kämpft, wird mit Giftgas bekämpft werden. [...]”. Dieses Versprechen gab Hitler selbst in seiner Rede. Die Schüsse fielen tatsächlich schon um 4:45 Uhr.

4 “Gefolgschaftsmitglieder Die Hitlerjugend (HJ) war eine Jugendorganisation der nationalsozialistischen Partei, der NSDAP. Deren Hauptaufgabe war es, die Jugendlichen im Sinne der NS-Ideologie zu erziehen und so die Herrschaft des Nationalsozialismus dauerhaft zu sichern. Die HJ war streng hierarchisch und undemokratisch aufgebaut. Eine Einheit davon war die Gefolgschaft (ca. 250 Jungen), die jeweils einem Gefolgschaftsführer unterstand.

Erinnerungen von Kindern aus Polen

Janusz Tarnowski, 6. Klasse, aufgeschrieben am 17. Juni 1946

Mein Leben im Krieg: Erinnerungen von Kindern, aufgeschrieben 1946

Als der Krieg begann, kamen deutsche Flugzeuge und bombardierten Warschau. Die Bombardierung dauerte zwischen drei und fünf Stunden. Während dieser Zeit war ich mit meiner ganzen Familie im Keller, außer meinem Vater, der in den Krieg gezogen war.

Wir blieben ganze Nächte oder Tage im Keller. Wenn wir nichts mehr zu essen hatten, ging ich mit meinen älteren Freunden los, um in den zerstörten Geschäften etwas zu essen zu holen.

Als wir in Powiśle waren, wurden wir von einem deutschen Luftangriff überrascht. Wir versteckten uns in den Trümmern eines zerstörten Hauses. Nach einer kurzen Diskussion beschlossen wir, auf die andere Seite der Kierbedź-Brücke zu rennen. Wir hatten die Brücke schon halb überquert, als Flugzeuge kamen und anfingen, Bomben auf die Brücke zu werfen. Doch die Bomben verfehlten ihr Ziel und fielen in die Weichsel, so dass das Wasser wie bei einem Vulkanausbruch in die Höhe schoss. Als wir die Brücke überquerten, explodierten die Granaten der deutschen Artillerie auf der Straße.

Wir rannten auf die andere Seite der Jagiellońska-Straße. Eine Granate schlug an der Straßenecke ein. Einer meiner Freunde wurde verwundet. Wir schleppten ihn in einen nahe gelegenen Unterstand, wo sich das Rote Kreuz um ihn kümmerte. Wir verschwendeten keine Zeit und rannten weiter. Wir erreichten bald unser Haus und fanden unsere Mütter in Tränen aufgelöst vor.

In der folgenden Nacht schlugen uns einige Familien vor, Warschau zu verlassen. Unterwegs wurden wir von einer Razzia überrascht. Alle flohen, wohin sie nur konnten; meine Mutter, meine Brüder und ich flüchteten in ein nahe gelegenes Haus. Als wir es betraten, schlug eine Bombe etwa 10 Meter vom Haus entfernt ein. Meine Mutter wurde mit Trümmern überschüttet, aber meinem Bruder und mir gelang es, aus dem Gebäude zu fliehen.

Am nächsten Tag, als es meiner Mutter besser ging, machten wir uns auf den Weg aufs Land. Ein paar Tage später sahen wir Deutsche durch das Dorf ziehen. Als wir in unsere Wohnung in Warschau zurückkehrten, fanden wir dort Vater in Zivilkleidung vor.

Jadwiga Zyn, 6. Klasse, verfasst am 14. Juni 1946

Als sich die Nachricht vom Krieg verbreitete, verließen viele Menschen die Stadt. In ganz Warschau wurden Bunker gebaut. Am 1. September 1939 hörte ich die ersten Schüsse, und deutsche Flugzeuge erschienen am Himmel und begannen, Warschau anzugreifen. Die Menschen flüchteten in die Schützengräben. Meine Mutter, meine Großmutter und ich versteckten uns im Luftschutzkeller. Die Angriffe erfolgten sehr häufig und dauerten einige Tage. Am siebten Tag wurde das Viertel, in dem ich wohnte, zerstört.

Wir verließen Warschau noch in derselben Nacht. Wir gingen lange Zeit zu Fuß und erreichten schließlich Stoczek. Die Stadt Stoczek war zu Asche verbrannt. Wir lebten dort bis September und kehrten dann nach Warschau zurück.

Auf dem Weg dorthin sah ich große Verwüstungen. Warschau war in einen riesigen Friedhof verwandelt worden. Das Haus, in dem wir gewohnt hatten, war zur Hälfte zerstört. Nachdem wir es wieder aufgebaut hatten, lebten wir dort bis Februar, und dann gingen wir zu unserer Familie im Dorf Liszna am Fluss Bug.

Als 1944 die Front näher rückte, gruben wir einen Unterstand und blieben dort, während uns die Kugeln über unseren Köpfen flogen. Die Deutschen und die Sowjets kämpften auf der anderen Seite des Bug. Ich konnte deutlich hören, wie die sowjetischen Soldaten “poddajsja!” (“kapituliere!”) riefen. Kurz darauf rückten die sowjetischen Truppen in Leszno ein. Sie hatten Autos, Panzer und verschiedene Arten von Kanonen.

Ich bin ein Kind Warschaus und es tut mir furchtbar leid, dass der Feind die Stadt so sehr verwüstet hat. Jeden Tag bete ich zur Mutter Gottes, dass wir die Stadt wieder aufbauen können und dass ich dorthin zurückkehren kann.

Teresa Maczewska, 7. Klasse, verfasst am 13. Juni 1946

Ich war sieben Jahre alt, als 1939 der Krieg ausbrach, und ich kümmerte mich um nichts anderes als um Herumrennen und Spielen. Ich verstand nichts von der Tragödie, die unser Land durchmachte. Mit Neugier und Interesse beobachtete ich die deutschen Panzer und Autos voller Soldaten, ohne zu wissen, dass wir versklavt worden waren und dass diese Soldaten unsere Feinde und Verfolger waren.

Ich habe das erst im zweiten Jahr verstanden, als sie anfingen, die jüngeren Leute mitzunehmen und sie nach Deutschland zum Arbeiten zu schicken. Ich hatte drei ältere Schwestern, und nun mussten sie sich die ganze Zeit versteckt halten. Als Jüngste rannte ich irgendwie herum, aber eigentlich beobachtete ich die Straße, um zu sehen, ob eine Art Razzia bevorstand.

Zuschauen half nicht. Eines Tages wurde meine älteste Schwester, Kostunia, mitgenommen, obwohl die ganze Familie weinte und schrie. Fast unmittelbar danach nahmen sie mir meine beiden mittleren Schwestern Tola und Kazia weg. Ich kann nicht beschreiben, was damals zu Hause passierte. Ich konnte zu Hause nicht stillsitzen. Es kam mir vor, als hätte eine schreckliche Seuche unsere Familie heimgesucht und meine Schwestern getötet. Ich weinte mit meinen Eltern. Dann verstand ich alles, was um uns herum geschah.

Nach einigen Tagen kamen meine beiden Schwestern Tola und Kazia nach Hause zurück - die mutigen Mädchen waren den Deutschen durch die Finger gerutscht und aus dem Zug entkommen. Ich war sehr froh, dass sie zurückkamen, aber die Not und der Schmerz, die ich nach ihrer Entführung erlitt, werden mir für immer als die schlimmste Erfahrung des Krieges in Erinnerung bleiben.

Originalquellen (Polen)

“Das bedeutet Krieg!” Polnische Radioansprache am 1. September 1939

Radioansprache zum Angriff auf Polen am 1. September 1939 auf Englisch

Übersetzung der Ansprache Polskie Radio (01.09.1939)

“[...] Am 1. September 1939 mit Tagesanbruch kamen die Deutschen auf unser Territorium. Die deutsche Luftwaffe und die reguläre Armee marschierten unerwartet in Polen ein, ohne den Krieg zu erklären.

[...] Deutsche Flugzeuge griffen mehrere Städte in ganz Polen an [...]. Opfer unter der Zivilbevölkerung wurden gemeldet. [...]”

1. September 1939: der Beginn der Hölle

80. Jahrestag zum Beginn des Zweiten Weltkriegs
von Piotr Abryszeński

Das bedeutet Krieg. Von nun an werden alle anderen Angelegenheiten und Fragen zweitrangig”, heißt es in der Botschaft, die der polnische Rundfunk am Morgen des 1. September 1939 ausstrahlt. “Wir haben unser öffentliches und privates Leben auf ein besonderes Gleis gestellt. Wir sind in den Krieg eingetreten. Die gesamte Anstrengung der Nation muss in eine Richtung gehen. Wir sind jetzt alle Soldaten. Wir müssen nur an eine Sache denken: Kämpfen, bis wir siegen”. Mit der deutschen Aggression gegen Polen begann der Zweite Weltkrieg, ein Konflikt, der in den nächsten sechs Jahren 70-85 Millionen Menschenleben fordern sollte.

Die Polen lebten seit etwas mehr als zwanzig Jahren in einem freien Staat. Die Unabhängigkeit war der Traum von Generationen polnischer Patrioten, deren Heimat ihnen durch die Teilungen durch die Nachbarmächte genommen worden war. Als Polen nach 123 Jahren und als Folge des Ersten Weltkriegs seine Souveränität wiedererlangte, begann es energisch mit dem Wiederaufbau seines sozialen, kulturellen und politischen Lebens. Der wiedererstandene Staat sah sich zunächst einer tödlichen Bedrohung durch das bolschewistische Russland gegenüber, die er durch die Mobilisierung der gesamten polnischen Gesellschaft abwehren konnte. Nachdem die Grenzen Polens endlich festgelegt und bestätigt worden waren, konnten die Polen endlich ihre wiedergewonnene Freiheit genießen und in ihrem eigenen Land leben.

Aus den Memoiren und Tagebüchern jener Zeit erfahren wir, dass der Sommer 1939 extrem heiß war. Auf zeitgenössischen Fotos und Postkarten sieht man Scharen von lächelnden Touristen und Urlaubern, die nach der Mode der Zeit gekleidet sind. Abends waren die Cafés und Restaurants überfüllt mit Stammgästen, die auch Kabaretts und Varietés besuchten. Allein in Warschau, wo eine Million Menschen lebten, gab es 60 Kinos, groß genug, um Tausende von Kinobesuchern zu fassen.

Bereits im Herbst 1938 verlangte Hitler von Polen, dass es der Eingliederung der Freien Stadt Danzig in das Dritte Reich zustimmte und gleichzeitig eine exterritoriale Autobahn und Eisenbahnverbindung zwischen Danzig und Deutschland durch die nordpolnische Region Pommern, den “pommerschen Korridor”, wie die Deutschen ihn abfällig nannten, festlegte. Polen, das die Forderungen Berlins ablehnte, schloss ein Bündnis mit Frankreich und Großbritannien. Leider konnte der polnisch-britische Vertrag vom 25. August 1939 die bevorstehende Invasion nicht verhindern, sondern den deutschen Angriff nur aufschieben. Die Annäherung an Großbritannien und Frankreich war grundlegend und bedeutsam: Sie war ein Zeichen dafür, dass Polen angesichts der Veränderungen auf der internationalen Bühne den Westen unterstützte und Angebote zur Zusammenarbeit mit dem Dritten Reich ablehnte.

Doch Ende August 1939 glaubten die polnischen Städte noch immer nicht an den Ausbruch eines Krieges. Man glaubte, die Drohungen aus Berlin seien nur der Größenwahn der deutschen Regierung. In der Presse und im Radio wurden Witze über Hitler und seine Verbündeten wiederholt, und in den beliebten Warschauer Kabaretts wurden sowohl auf Polnisch als auch auf Jiddisch die neuesten Witze vorgetragen und die schrillen Reden des Kanzlers des Dritten Reichs verspottet. Die Menschen glaubten stattdessen an das polnische Militär, an ihre Verbündeten und an den Völkerbund als Hüter der Weltordnung.

In Pommern war es etwas anders. Die Zahl der polnischen Touristen an der Küste war geringer als in den Vorjahren. Auffällig war auch die Konzentration der deutschen Truppen und der verstärkte Verkehr über die Grenze zwischen dem Dritten Reich und der Freien Stadt Danzig. Die Stimmung war ernster, da es seit langem zu zahlreichen Gewalttaten gegen die polnische Bevölkerung gekommen war. Die antipolnische Stimmung wurde durch die von Joseph Goebbels geleitete Propaganda geschickt angeheizt. Als polnische Zollbeamte Mitte August 1939 in Stutthof (heute Sztutowo, ein Dorf an der Ostseeküste, etwa 38 km östlich von Danzig, am Fuße der Frischen Nehrung gelegen) eintrafen, beobachteten sie die Vorbereitungen für Bauarbeiten. Sie wussten nicht, dass dort unter Aufsicht der SS ein Konzentrationslager gebaut wurde, das nach der ursprünglichen Planung größer als das spätere unheilvolle Auschwitz hätte werden sollen. Bereits am 2. und 3. September fanden die ersten Häftlingstransporte ins KL [Konzentrationslager] Stutthof statt. Zu den ersten gehörten Angehörige der polnischen Intelligenz und des Klerus, kurze Zeit später auch jüdische Häftlinge, die in Danzig und im nahe gelegenen Gdingen verhaftet worden waren.

Moskau, 23. August 1939 Friedrich Gauss, Joachim von Ribbentrop, Joseph Stalin und Wjatscheslaw Molotow (Foto: Mikhail Mikhaylovich Kalashnikov; lizenzfrei)

Das geheime Zusatzprotokoll des Molotow-Ribbentrop Pakts, das die deutschen und sowjetischen Interessensbereiche benennt (lizenzfrei).

Am 23. August unterzeichneten Nazi-Deutschland und die Sowjetunion einen Nichtangriffspakt. Die Außenminister beider Länder, Joachim von Ribbentrop und Wjatscheslaw Molotow, setzten die Wünsche ihrer Machthaber um. Dieses Abkommen schockierte die Weltöffentlichkeit. Ein geheimes Zusatzprotokoll des Ribbentrop-Molotow-Paktes enthielt eine Bestimmung über die Teilung des polnischen Staates [...]. Die polnische Geschichtsschreibung definiert diesen Pakt heute als die “vierte Teilung Polens” [in Anlehnung an die Teilungen des späten 18. Jahrhunderts]. Das deutsch-sowjetische Bündnis bedeutete auch eine polizeiliche Zusammenarbeit, die in Plänen zur Ausrottung der polnischen Eliten mündete.

Am Abend des 31. August 1939 täuschten eine SS-Einheit und eine Gruppe krimineller Häftlinge in polnischen Uniformen einen Überfall auf einen deutschen Radiosender in Gliwice, einer Stadt in Oberschlesien, im Süden Polens, vor. Diese “Gleiwitzer Provokation” wurde dann zum Vorwand für eine Aggression gegen Polen.

Bereits am 1. September fielen deutsche Bomben auf Hunderte von polnischen Städten und Dörfern; die Mehrzahl der Opfer dieser Bomben waren Zivilisten. Die deutschen Flugzeuge erreichten den Osten bis nach Grodno, und Warschau stand in Flammen. [...]

960 Wörter
Quelle: 1 September 1939: The beginning of hell,
https://polishhistory.pl/1-september-1939-the-beginning-of-hell
Zuletzt aufgerufen: 09.08.2021

Originalquellen (Deutschland)

Auszüge aus der Vormittagsausgabe Deutsches Nachrichtenbüro GmbH, die offizielle zentrale Presseagentur des Deutschen Reichs zur Zeit des Nationalsozialismus, und dem Teltower Kreisblatt, Tageszeitung für den Kreis Teltow am Freitag, 1. September 1939

An die Wehrmacht!

Der polnische Staat hat die von mir erstrebte friedliche Regelung nachbarlicher Beziehungen verweigert; er hat stattdessen an die Waffen appelliert.

Die Deutschen in Polen werden mit blutigem Terror verfolgt, von Haus und Hof vertrieben. Eine Reihe von für eine Großmacht unerträglichen Grenzverletzungen beweist, dass die Polen nicht mehr gewillt sind, die deutsche Reichsgrenze zu achten. Um diesem wahnwitzigen Treiben ein Ende zu bereiten, bleibt mir kein anderes Mittel, als von jetzt ab Gewalt gegen Gewalt zu setzen.

Die deutsche Wehrmacht wird den Kampf um die Ehre und die Lebensrechte des wiederauferstandenen deutschen Volkes mit harter Entschlossenheit führen.

Ich erwarte, dass jeder Soldat, eingedenk der großen Tradition des ewigen deutschen Soldatentums, seine Pflicht bis zum letzten erfüllen wird.

Bleibt euch stets und in allen Lagen bewusst, dass ihr die Repräsentanten des nationalsozialistischen Großdeutschlands seid!

Es lebe unser Volk und unser Reich!

Berlin, den 1. September 1939
Adolf Hitler

Polnische Angriffe auf Reichsgebiet

Oppeln, 31. September [Anm.: vermutlich Druckfehler – 31. August]. Über die bereits gemeldeten Angriffe polnischer Banden und polnischer Freischärler [Anm.: Mitglied eines militärischen Freiwilligenverbandes] auf deutsches Reichsgebiet efahren wir weitere Einzelheiten. Daraus geht hervor, dass es sich ohne Zweifel um einen vorbereiteten Angriff polnischer Aufständischenbanden unter Beteiligung regulärer polnischer Soldaten handelt.

Bisher konnte einwandfrei festgestellt werden, dass ein Angriff auf Pitschen in der Nähe von Kreuzburg erfolgt ist. Ein weiterer Angriff auf Hochlinden (nordöstlich Ratibor) hält zur Zeit noch an. Insbesondere bei dem Angriff auf Hochlinden, der wohl Verbindungsstraße Gleiwitz - Ratibor gilt, scheint einwandfrei festzustehen, dass es sich um polnische Truppenteile handelt.

In Hochlinden wurde u. a. das neue Zollhaus von polnischen Aufständischen und Soldaten gestürmt. Nach 1 1⁄2 stündigem Gefecht gelang es der Grenzpolizei, das Zollhaus wieder zu besetzen. Infolge der Dunkelheit konnte die Zahl der Toten und Verwundeten noch nicht genau festgestellt werden. Acht polnische Insurgenten und sechs polnische Soldaten wurden gefangen genommen.

Zu dem Angriff auf Pitschen erfahren wir noch folgende Einzelheiten:

Gegen 20:30 Uhr stieß eine Streife der Grenzpolizei in der Gegend des Schlüsselwaldes bei Pitschen – etwa 2 Kilometer von der Grenze entfernt, auf deutschem Reichsgebiet – auf eine polnische, aus Insurgenten und Militär zusammengesetzte Gruppe in Stärke von über 100 Mann.

Die Polen eröffneten sofort das Feuer, das von der inzwischen verstärkten Grenzpolizei erwidert wurde. Die Polen verloren zwei Tote, darunter einen polnischen Soldaten. Die Grenzpolizei hatte eine Toten und mehrere Verwundete. 15 Polen, darunter 6 Angehörige polnischen Militärs, wurden gefangen genommen.

Der Führer bestätigt die Heimkehr Danzigs

Der Führer hat an Gauleiter Forster folgendes Telegramm gerichtet:

An Gauleiter Forster, Danzig.

Ich nehme die Proklamation der Freien Stadt Danzig über die Rückkehr zum Deutschen Reich entgegen. Ich danke Ihnen, Gauleiter Forster, allen Danziger Männern und Frauen für die unentwegte Treue, die Sie durch so lange Jahre gehalten haben.

Großdeutschland begrüßt Sie aus übervollem Herzen. Das Gesetz über die Wiedervereinigung wird sofort vollzogen.

Ich ernenne Sie zum Chef der Zivilverwaltung für das Gebiet Danzig.

Berlin, den 1. September 1939
Adolf Hitler

Quelle: https://bit.ly/2ZXh5DL, zuletzt aufgerufen: 05.12.2021

Treuekundgebung für den Führer

Berlin, 31. August. Das großzügige Angebot des Führers an Polen zur Erhaltung und Festigung des Friedens und die praktische Ablehnung durch die polnische Regierung wurden um 21 Uhr durch eine Sondermeldung und den Abendnachrichten um 22 Uhr bekannt gegeben. Sofort danach belebten sich die Straßen der Reichshauptstadt und zahlreiche Berliner ließen es sich nicht nehmen, noch zu später Nachtstunde nach dem Wilhelmsplatz zu ziehen, um in der Stunde tiefen Ernstes dem Führer ihre Treue zu bekunden.

Durch die Lautsprecher am Platz wurde die Bevölkerung über die politische Lage unterrichtet, und die weit über den Platz schallenden Nachrichten lockten immer mehr Berliner an. Besondere Genugtuung wurde bekundet, als die Meldung von der Ratifizierung des deutsch-russischen Abkommens durch Russland durchgesagt wurde.

Bald darauf gaben mehrere Berliner Zeitungen Extrablätter heraus, die den Verteilern buchstäblich aus den Händen gerissen wurden.

Der Führer vor dem Reichstag, Berlin, 1. September

Heute vormittag um 10 Uhr trat der Deutsche Reichstag zusammen. Kurz vor 10 Uhr fuhr der Führer, der feldgraue Uniform trug, vor dem Reichstag vor. Im Reichstagsgebäude wurde er vom Präsidenten des Reichtags, Generalfeldmarschall Göring, begrüßt und sofort auf die Regierungstribüne geleitet. Tosende Kundgebungen der Abgeordneten grüßten den Führer in dieser Stunde.

In einer hinreißenden, aber vom tiefen Ernst der Zeit erfüllten Ansprache an die Männer des Deutschen Reichstages und an das ganze deutsche Volk gab der Führer den einhelligen und unbeugsamen Willen der deutschen Nation kund, die unmöglichen Zustände an den Ostgrenzen des Reiches zu beseitigen und einen Frieden der Gerechtigkeit zu schaffen.

Eine heilige aber feste Entschlossenheit liegt über den Männern des Deutschen Reichstages. Der Führer spricht in klaren und eindringlichen Worten über die furchtbaren Nöte und Gefahren, die seit der Schaffung des polnischen Korridors vor zwanzig Jahren das Deutsche Reich und sein Volk belasten. Er gibt eine Aufzählung der vielen Vorschläge zur Revision der unmöglichen Zustände. Sie wurden von der Gegenseite abgewiesen. Mit betonter Schärfe erklärt der Führer auf die Hinweise unserer Gegner: Das Diktat von Versailles ist für uns Deutsche niemals ein Gesetz gewesen. Der Führer gibt sodann einen Rückblick über den Verlauf der Verhandlungen mit England und Polen in den letzten Wochen.

Bei Schluss der Redaktion dauert die Reichstagssitzung noch an.

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Quelle: https://bit.ly/3edfNrO, zuletzt aufgerufen: 05/12/2021

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